Borkenkäferjahr 2021 – Abschwächung auf hohem Niveau
Die kühl-feuchte Witterung im Sommer 2021 brachte der Vegetation eine Verschnaufpause. Sie führte außerdem zu deutlichen Entwicklungsverzögerungen bei den Insekten, insbesondere bei Borkenkäfern. Die angelegte 2. Generation überwintert überwiegend in den Bruthölzern. Aktuell ist es wichtig, bisher noch nicht gefundene Überwinterungsbäume zu finden und zügig aufzuarbeiten.
Ausgangslage 2021
2020 gab es ein starkes Nord-Südgefälle der Niederschläge und Borkenkäferschäden. Während die Befallsschwerpunkte im deutlich zu trockenen Norden lagen, waren im südlichen Bayern vergleichsweise wenig Schäden erkennbar. Eine 3. Generation wurde nur vereinzelt in tieferen bis mittleren Lagen (ca. 500 m ü. NN) angelegt. Für 2021 bestand ein weiterhin hohes Ausgangspotential an Borkenkäfern.
Witterung im Frühjahr und Sommer führt zu deutlichen Entwicklungsverzögerungen
Der Schwärmflug der Fichtenborkenkäfer setzte erst mit den sommerlichen Temperaturen am zweiten Maiwochenende ein. Wie in Abbildung 1 zu sehen ist, startete der Schwärmflug ca. 3 Wochen später als im Jahr 2020. An mehreren Monitoringstandorten in Mittel- und Unterfranken, im Frankenwald sowie in Niederbayern wurde erster Stehendbefall gemeldet.
Das im weiteren Verlauf wechselhafte und relativ kühle Wetter schränkte die Fichtenborkenkäfer bei der Brutanlage nur bedingt ein, erschwerte aber die Bohrmehlsuche erheblich.
Vergleichbare Fangzahlen wurden seit 2015 in keiner Kalenderwoche erreicht! Dabei überlagerten sich die Schwärmflüge der Borkenkäfer, die ihre erste Brut anlegten, und derjenigen, die bereits Mitte Mai die Eiablage vollziehen konnten und nun zur Anlage der Geschwisterbrut ausflogen. In höheren Lagen über 600 m ü. NN. erfolgte erst jetzt die Anlage der 1. Generation.
Ab Mitte Juli flogen bayernweit die Jungkäfer der 1. Generation zur Anlage der 2. Generation aus. Damit schwärmten sie etwa 2-3 Wochen später als 2020 und ca. 5 Wochen später als noch 2018. Regional zeichneten sich mehrere Befallsschwerpunkte in Bayern ab (vgl. Abb. 2). Die mit Abstand höchsten Schadholzmengen waren erneut im Frankenwald zu verzeichnen.
Die 2. Generation war in den tiefen und mittleren Lagen Ende August fertig entwickelt. Trotz der zeitweisen warmen Temperaturen im September schwärmten diese Käfer nicht mehr, sondern überwintern als weitgehend fertig entwickelte Jungkäfer unter der Rinde. Die im September gemeldeten Anflüge waren v.a. Käfer, die ihren Brutbaum aufgrund abfallender Rinde verlassen mussten und sich zur Überwinterung zurückzogen.
Es wurde zwar immer wieder Bohrmehl gefunden; jedoch wurden nur ganz vereinzelt neue Brutanlagen gemeldet. Die im August angelegte 2. Geschwisterbrut befindet sich derzeit überwiegend im Larven- bzw. Puppenstadium. Bei Temperaturen >8,3°C werden sie sich soweit entwickeln, dass ihnen starker Frost nichts mehr anhaben kann.
Befallsschwerpunkte
Befallsschwerpunkte des Kupferstechers lagen 2021 v.a. in den nördlichen Bereichen Bayerns. Der Kupferstecher profitierte dort von dem hohen Brutraumangebot im Zuge der Buchdruckeraufarbeitung.
Aktuell liegen noch keine abschließenden Schadholzmengen für 2021 vor. Zusammenfassend kann die bayernweite Gesamtsituation aber weiterhin mit „Schäden auf hohem Niveau mit regional sehr deutlichen Unterschieden“ beschrieben werden.
Aktuelle Situation – Aufarbeitungshinweise für den Herbst
Problematisch ist, dass bei Rindenabfall die unter der Rinde sitzenden Käfer „gezwungen“ werden, die Rinde zu verlassen. Bei warmen Temperaturen fliegen sie ggf. noch im Oktober und suchen sich einen neuen Überwinterungsstamm. Bei kühlen Temperaturen verbleiben sie in den abgefallenen Rindenstücken – zum Teil in mehreren Stockwerken - oder ziehen sich in den Boden zurück. Dort sind sie für eine waldschutzwirksame Aufarbeitung unerreichbar!
Für die Ausgangslage 2022 ist es daher entscheidend, Fichten mit Nadelverfärbung schnellstmöglich aufzuarbeiten, um einen Rindenabfall zu verhindern!
1. Kontrolle der Bestände (zuerst diesjährige, dann letztjährige Befallsherde, danach übrige Bestände)
2. Priorisierung der Aufarbeitung (Nur ein Blick in die Rinde hilft bei der Entscheidung, ob die Fichte noch waldschutzwirksam aufgearbeitet werden muss.)
Hat die Krone noch rote Nadeln, lohnt sich ein Blick in die Rinde: Häufig befinden sich die Buchdrucker in tieferen Rindenschichten. Daher sollte man die Rinde zur Kontrolle auseinanderbrechen. Sind dort Borkenkäfer versteckt, ist eine rasche Aufarbeitung notwendig! Erst wenn die Fichtenkrone kahl und die Rinde stark ausgetrocknet ist, haben die Käfer die Fichte bereits verlassen.
Frische, im September befallene Fichten zeichnen aktuell v.a. mit Harzfluss. Bohrmehl ist nicht mehr sichtbar. Sie sollten möglichst gefunden und markiert werden, um sie im Laufe des Herbstes mit zweiter Priorität aufzuarbeiten und so die Ausgangsdichte für 2022 zu reduzieren.
Buchdrucker an Kiefer
Diese Beobachtung wurde kürzlich durch den Landesbetrieb Wald und Holz in Nordrhein-Westfalen näher untersucht: Im Rahmen eines Forschungsprojektes ging man zusammen mit der Universität Göttingen der Frage nach, ob die Gefahr der Abspaltung einer neuen Art besteht. Aufgrund der hohen Populationsdichte beim Buchdrucker könnte sich durch genetische Veränderungen eine neue Art herausbilden, die bevorzugt Kiefern befällt und ihre Entwicklung dort erfolgreich vollzieht – so die Befürchtung.
Die dortige Abteilung Waldschutz regte daher die genetische Untersuchung von 200 Buchdruckern aus Kiefernbefall an. Fazit: Bei den an Waldkiefern gesammelten Buchdruckern handelt es sich (bisher) um keine neue Art.
Näheres zu lesen unter:
"Waldschutz-Info" 12/2021 vom Landesbetrieb Wald und Holz NRW
Handlungsempfehlungen
- Unabhängig von der genannten Untersuchung: Werfen Sie einen Blick auf abgängige Kiefern. Insektenbefall mit folgenden Arten – neben dem Buchdrucker – ist besonders waldschutzrelevant beim
- Blauen Kiefernprachtkäfer (Phaenops cyanea)
- Sechszähnigen Kiefernborkenkäfer (Ips acuminatus)
- Kleinen und Großen Waldgärtner (Tamicus minor und Tamicus piniperda) - Bei Buchdruckerbefall: Waldschutzwirksame Aufarbeitung befallener Kiefern, so wie bei befallenen Fichten!
- Keine Lagerung von Fichten-Käferholz im Umkreis 500 m von Kiefernbeständen bzw. Nadelholzbeständen – es wurde ebenfalls schon erfolgreicher Buchdruckerbefall an Douglasie und Lärche beobachtet!
Zur Waldschutzsituation an der Kiefer in Bayern erscheint demnächst ein Artikel in der Fachzeitschrift „AFZ / Der Wald“.
Internetauftritt der Zeitschrift
Bericht von Cornelia Triebenbacher und Dr. Andreas Hahn